Heimarbeit
Wirtschaftswunder am Küchentisch
 

Faltschachteln

In der Verpackungsindustrie der letzten 60 Jahre boten und bieten sich verschiedenste Heimarbeitsmöglichkeiten an: einerseits das manuelle Verpacken industriell hergestellter Waren, andererseits das Fertigen der Verpackungen selbst. Bis in die 1960er-Jahre waren viele Arbeitsschritte nicht automatisierbar.

Das Dornbirner Unternehmen Rattpack hat diesbezüglich eine interessante Gründungsgeschichte, denn am Beginn des Unternehmens stand die Heimarbeit einer einzigen Frau – Helga Ratt.

Gemeinsam mit ihrem Mann Hugo begann sie Anfang der 1950er-Jahre am Küchentisch mit der Endfertigung von Graupappeschachteln für die Druckerei Sedlmayr. Sie stanzte, faltete und klebte, er lieferte die Schachteln an die Kunden.

Für das junge Ehepaar mit Kleinkind war jedes zusätzliche Einkommen wichtig. In einem ersten Expansionsschritt zog die „Produktion“ in einen Gartenschopf; schon bald wurden selbständig Aufträge von Endkunden entgegengenommen und der Druck als zugekaufte Leistung organisiert.

Als Spezialgebiet entwickelten sich kleine Verpackungen für die Kosmetik- und Pharmaziebranche, wie die Schachteln für das Dornbirner Pharmaunternehmen Petrasch (Bild).

Die Wirtschaft und Industrie boomten in den 1960er-Jahren, und Hugo Ratt & Co., wie das Unternehmen seit seiner offiziellen Gründung 1953 hieß, expandierte. Der Sohn der Gründer, Wolfgang Ratt, setzte ab 1965 auf Automatisierung und Industrialisierung, Heimarbeit war nicht mehr notwendig.
Helga Ratt war zwar in den Geschäftsbüchern nie als Mitinhaberin eingetragen, blieb aber bis ins hohe Alter als Gründerin im Unternehmen präsent – mit berechtigtem Stolz auf ihr Lebenswerk, das mit Heimarbeit am Küchentisch begonnen hatte und einen überregional führenden Vertreter der Verpackungsbranche hervorgebracht hat.

Herstellungsort: Dornbirn, Rheintal
Material: Karton
zur Verfügung gestellt von der Petrasch GmbH
Geschichte erzählt von Wolfgang Ratt
Herzlichen Dank!